Schulklasse erkundet den „Tierpark“ in Niederasphe

Die Schüler einer elften Klasse eines Marburger Gymnasiums hatten sich als Ziel des diesjährigen Wandertags Ende September einen Ausflug in den Tierpark am Edersee gewünscht. Da man diesen mit der Bahn nicht erreichen kann und das Chartern eines Busses zu teuer geworden wäre, schlug ihnen ihre Lehrerin, kurzum vor, alternativ den „Tierpark“ Niederasphe zu durchqueren. Hatte sie doch selbst auf ihren Streifzügen durch diese Landschaft eine Vielfalt an Flora und Fauna vorgefunden, die man im Umland Marburgs längst nicht über all vorfindet.

Sonnenaufgang

Mit Bildern von blütengesäumten Feldern, grasenden Rehen und kreisenden Greifvögeln unterschiedlicher Art und Größe ließen sich die anfangs skeptischen Jugendlichen von dem Experiment überzeugen und stiegen am Morgen des Wandertags am Marburger Hauptbahnhof in die Bimmelbahn nach Simtshausen. Dort angelangt, begrüßte sie ein ortskundiger Naturfreund, um ihnen während einer gemeinsamen Wanderung über die Hügel vom Ortsausgang Simtshausen in Richtung Niederasphe zahlreiche Tiere und deren Behausungen zu zeigen, die man mit wachem Blick und ein wenig Glück dort täglich beobachten kann. So durchquerte die Gruppe gemeinsam die Felder, die sich über die Hügelkette erstrecken, die sich zwischen Burgwald und Rothaargebirge erhebt und durch ihre einzigartige Lage und Beschaffenheit – von alten Hecken und Obstbäumen gesäumte Felder und Äcker – zahlreichen Tieren einen Lebensraum bietet, wie sie ihn fast nirgendwo mehr vorfinden.

Niederasphe im Nebel

Kaum hatte die Gruppe die letzten Häuser und grasenden Kühe am Ortsausgang von Simtshausen verlassen und die ersten Brachflächen erreicht, konnten sie zahlreiche Rehe beobachten. Je mehr sie sich den kleinen Wäldchen näherten, die die Kuppen einiger Hügel krönen, desto häufiger ertönten die Rufe der Greifvögel, die in den Baumkronen darauf warteten, dass sich die letzten Nebelschleier verzogen, um ihre Kreise ziehen und sich für den großen Zug in Richtung Süden versammeln zu können. Richteten die Wanderer hingegen ihren Blick auf den Boden, so gab es die Quartiere von Fuchs und Hase zu bestaunen. Ein Tier, was jedoch häufig genau in Augenhöhe anzutreffen ist, kannte vor diesem Tag keiner – auch nicht die Lehrerin – denn es ist äußerst selten: der Neuntöter. Dieser hübsche Vogel, der seine Beute zum Verspeisen geschickt auf lange Dornen aufspießt, benötigt genau dafür nämlich Hecken mit langen Dornen. Und diese säumen auf den Höhen über Niederasphe so manches Feld. Beim Abstieg in Richtung Dorfmitte gab es dann noch die kletternden Ziegen und so manches Pferdchen zu bestaunen. Den Abschluss des Tierparkbesuchs bildeten die Rufe der Mutterkuhherde.

Die Frage, ob man unbedingt einen Tierpark besuchen muss, um wild lebende Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten, hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits erübrigt.
Als die Jugendlichen jedoch erfuhren, dass genau dort, wo sie entlang gewandet waren und all jene Eindrücke gesammelt hatten, ein Windpark entstehen soll, wurde es still.

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